Die erste HĂ€lfte des 20. Jahrhunderts war von Krisen und Kriegen
bestimmt. Diktatoren kamen an die Macht, oft als Folge von Kriegen,
wirtschaftlicher Unsicherheit und gesellschaftlicher Unruhe. In Russland
eroberten am Ende des Ersten Weltkriegs die Bolschewiki die Macht und
etablierten eine kommunistische Diktatur, in der nur das Wort der
ParteifĂŒhrer zĂ€hlte. In Deutschland kamen 1933 die Nationalsozialisten
an die Regierung. Adolf Hitler wurde der sogenannte FĂŒhrer Deutschlands.
In Italien herrschten die Faschisten unter Benito Mussolini. AutoritÀre
Regime etablierten sich in Spanien und in LÀndern des östlichen
Mitteleuropa.
1 Was passiert, wenn Gesellschaften im WĂŒrgegriff totalitĂ€rer Ideologien sind ...
ErklÀrung: Ideologie des russischen Kommunismus
ErklÀrung: Ideologie des russischen Kommunismus
Die kommunistische Ideologie der russischen RevolutionĂ€re, die sich Bolschewiki nannten, bezieht sich auf die politischen, ökonomischen und historischen Theorien der Vordenker der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts. Karl Marx und Friedrich Engels haben dabei eine herausgehobene Stellung. FĂŒr das Ziel, die wirtschaftliche Ausbeutung und politische UnterdrĂŒckung der arbeitenden Menschen zu beenden, entwickelten die AnfĂŒhrer der Arbeiterbewegung politische Strukturen und GrundsĂ€tze. Lenin, der AnfĂŒhrer der russischen Bolschewiki, sah darin eine seiner wichtigsten Aufgaben. Die Ideologie der Bolschewisten zielte deshalb auf
- die Bildung einer politischen Kampfpartei, die streng hierarchisch, nach Befehl und unbedingtem Gehorsam funktioniert,
- die Rekrutierung und den Einsatz einer kampfwilligen Elite an BerufsrevolutionĂ€ren, die den Willen der AnfĂŒhrer der politischen Bewegung unter allen UmstĂ€nden und ohne Skrupel umsetzen,
- die Eroberung und Sicherung der politischen Macht, auch und gerade mit gewaltsamen (revolutionÀren) Mitteln,
- die Errichtung einer Diktatur ("Diktatur des Proletariats") zur UnterdrĂŒckung aller wirklichen oder vermuteten politischen Gegner,
- den Bruch mit vorrevolutionĂ€ren (bĂŒrgerlichen) Rechts- und vor allem EigentumsverhĂ€ltnissen unter der Losung, dass man die klassenlose Gesellschaft erstrebe, in der persönliches Eigentum keine groĂe Bedeutung mehr haben soll, weil jeder bekommt, was er zur Befriedigung seiner LebensbedĂŒrfnisse möchte sowie
- den vollstĂ€ndigen Zugriff der kommunistischen Partei auf die volkswirtschaftlich wichtigen WirtschaftsgĂŒter (Produktionsmittel).
Insbesondere die MachtausĂŒbung der Bolschewiki entwickelte sich zu einer Diktatur, die Gewalt nach innen und auĂen, auch gegen die eigene Bevölkerung, einsetzte. Widerspruch und von der Partei nicht kontrollierte Lebensweisen wurden nicht geduldet. Es gab einen hohen Zwang, sich zur Ideologie der Kommunisten und ihrer FĂŒhrungsrolle zu bekennen. Die AnfĂŒhrer wurden mit einem z. T. absurden Personenkult gefeiert. Ihre Entscheidungen galten als unbezweifelbar. ReligionsausĂŒbungen wurden oftmals verfolgt. Traditionen, die nicht von der kommunistischen Bewegung abgeleitet waren, wurden von den Machthabern ebenfalls abgelehnt.
Das gesellschaftliche Klima in kommunistischen Diktaturen ist immer von allgemeiner Ăberwachung durch Geheimdienste, und daher also auch von Angst, sowie von Obrigkeitsorientierung, Scheinheiligkeit und LĂŒge bestimmt.
ErklÀrung: Ideologie des Nationalsozialismus
ErklÀrung: Ideologie des Nationalsozialismus
Die nationalsozialistische Weltanschauung bestand aus mehreren Elementen, die sich gegenseitig bedingten und verstÀrkten:
- Sozial- und Geschichtsdarwinismus: Die Nationalsozialisten verfĂ€lschten die Lehre des EnglĂ€nders Charles Darwin ĂŒber den permanenten Kampf ums Dasein, indem sie das 'Recht des StĂ€rkeren' auf den Menschen ĂŒbertrugen.
- Rassenhass: Hitlers Rassismus ging von einem permanenten Kampf menschlicher 'Rassen' aus, wobei die Vernichtung der minderwertigen 'Rassen' als 'natĂŒrlich' angesehen wurde.
- Elitedenken: Die Unterteilung in 'Mensch' (= 'Arier', Deutscher) und 'Untermensch' (= 'Nichtarier' wie Juden, Polen, Russen u. a.) gab vor allem den unteren Volksschichten ein ĂberlegenheitsgefĂŒhl gegenĂŒber anderen Völkern.
- Gewaltprinzip:
Das Recht des StĂ€rkeren wurde als natĂŒrliches Mittel der Auslese
propagiert. Deshalb wurde der Krieg als ein völlig normaler Vorgang im
Leben der Völker angesehen.
- Nationalismus: Durch eine ĂŒbersteigerte Vaterlandsliebe sollte das Volk zu einer willigen, gehorsamen und verschworenen Gemeinschaft geformt werden.
- Imperialismus: Die Nationalsozialisten waren der Ansicht, Eroberungen, Unterwerfungen und das FĂŒhren von Kriegen seien richtige Handlungen.
- Antisemitismus: Das Judentum wurde in die Rolle des SĂŒndenbocks gedrĂ€ngt. Die Vernichtung des Judentums galt als notwendig.
- Militarismus: Staat und Gesellschaft unterwarfen sich dem MilitĂ€r. Blinder Gehorsam wurde zur Pflicht fĂŒr alle.
- Sozialismus: Die GerechtigkeitsbemĂŒhungen der sozialistischen Bewegung wurden im Nationalsozialismus umgedeutet. Sie zielten auf eine gleichgeschaltete 'völkische' Gehorsamsgemeinschaft.
Zu den folgenden Bildern: GewalttÀtige Herrscher, die ihre totalitÀren Ideologien durchsetzten
FĂŒr IndividualitĂ€t, Menschenrechte und ein freies Leben bleibt kein Platz.
Zu den folgenden Bildern: GewalttÀtige Herrscher, die ihre totalitÀren Ideologien durchsetzten
FĂŒr IndividualitĂ€t, Menschenrechte und ein freies Leben bleibt kein Platz.
MĂ€nner in Uniformen, die streng blicken, die sich als VisionĂ€re zeigen wollen und das Volk angeblich in eine gute Zukunft fĂŒhren wollen. Sie glaubten alle an ein einheitliches Volk, einen mĂ€chtigen Staat, an eine angeblich ganz einheitliche Nation. Sie zögerten nicht, Gewalt einzusetzen und Verbrechen an Menschen zu begehen, die sich ihrem FĂŒhrungsanspruch und ihrer Ideologie in den Weg stellten. Wer in der Sowjetunion gegen den Kommunismus war und an Stalin zweifelte, wurde entrechtet, eingesperrt oder gleich umgebracht. Nicht viel anders war es in anderen Diktaturen jener Zeit.
Diktatoren, die das Leben der Deutschen in Ost- und Ostmitteleuropa zerstörten
2 Ăbersteigerter Nationalismus fĂŒhrt zu Ausgrenzung und InhumanitĂ€t
Der Nationalismus war als politisches Denken schon im 19. Jahrhundert
immer stĂ€rker geworden und wurde schlieĂlich völlig ĂŒberhöht und
radikalisiert. Was alle autoritÀren Diktatoren einte, war das Streben
nach Einheit, nach der FĂŒhrung von Menschenmassen, nach der Abschaffung
verschiedener Meinungen. Offenes Denken und Reden, unterschiedliche
Positionen und Handlungen von Menschen, unterschiedliche kulturelle
PrÀgungen und ethnische Vielfalt wurden von den Diktatoren und ihren
politischen Bewegungen abgelehnt. Die Abstammung und die Lebensweise
eines Volkes sollten einheitlich sein, ebenso wie das Denken und
Handeln. Dabei spielten auch rassistische Vorstellungen eine starke
Rolle. Ein Volk bildete demnach angeblich eine einheitliche biologische
Gemeinschaft. Es hatte eine einheitliche Kultur, lebte schon möglichst
lang in einem klar benennbaren Gebiet und bekannte sich zu einheitlichen
Werten. Mit dieser maĂlosen Ăberbewertung des eigenen Volkes ging eine
starke Abwertung der anderen LÀnder, Völker, Kulturen und politischen
Ordnungen einher.
Viele Menschen in Europa glaubten daran, dass diktatorische Einheit endlich zu politischer Ordnung, Ăbersichtlichkeit und wirtschaftlicher Sicherheit fĂŒhren wĂŒrde. Wichtig dabei war die Annahme, dass an allen Schwierigkeiten immer bestimmte 'andere' Gruppen schuld seien: die Juden, die Kapitalisten, die AuslĂ€nder, die Kommunisten, die Christen, die bĂŒrgerlichen Liberalen, die KĂŒnstler, die innerparteilichen VerrĂ€ter oder eben bestimmte Volksgruppen, die (eigentlich unrechtmĂ€Ăig, so die Annahme) im Lande lebten.
Alle Ideologien versprachen (und versprechen bis heute), dass sie die Lösung fĂŒr alle Probleme hĂ€tten und Grundlage fĂŒr ein besseres Leben der Menschen in der Zukunft sein könnten.
Dieses Denken spaltete Gesellschaften, es fĂŒhrte zu Misstrauen, schlieĂlich zu Hass und Gewalt.
3 National in der Form, sozialistisch im Inhalt â Die UnterdrĂŒckung der russlanddeutschen Kultur in Sowjetrussland und der Sowjetunion
Dieser Spruch stammt von Lenin, dem FĂŒhrer der bolschewistischen
Revolution. Nach der Revolution wurden die nationalen Kulturen nur
scheinbar gefördert. SpÀter wurde kulturelle Eigenheiten der in der
Sowjetunion lebenden Völker fast vollstĂ€ndig ignoriert und unterdrĂŒckt.
Die Literatur, Musik und Presse sollte von Anfang an stark im Sinne der
kommunistischen Ideologie kontrolliert werden und auch keine anderen
Themen mehr haben. SpĂ€ter wurden sie gleichgeschaltet. Wer ĂŒberhaupt
BĂŒcher veröffentlichen oder in Zeitungen publizieren wollte, musste sich
zur kommunistischen Ideologie bekennen. Das galt auch fĂŒr die
Russlanddeutschen. 1933 erschienen zum Beispiel wolgadeutsche
ErzÀhlungen, in denen der Herausgeber betonte, die Literatur der
Russlanddeutschen sei eine âscharfe Waffe im Klassenkampfâ und direkt
âim Kampf fĂŒr die DurchfĂŒhrung der Generallinie der Partei entstandenâ
und stehe âdirekt im Dienst des sozialistischen Aufbausâ.1
Ideologie bestimmt die Presse der Russlanddeutschen nach 1917 in der Sowjetunion
Wie Presse zum Propagandainstrument wird
Ideologie bestimmt die Presse der Russlanddeutschen nach 1917 in der Sowjetunion
Wie Presse zum Propagandainstrument wird
Bis Mitte der zwanziger Jahre wurden in der gesamten Sowjetunion weit ĂŒber siebzig deutschsprachige Periodika gedruckt. [...] So erschien in Katharinenstadt im April 1917 das Blatt âDer Kolonistâ, herausgegeben von der sozialistischen Ortsgruppe und redigiert von Adam Emich. Unter dem Titel âDer Kommunistâ wurde das Blatt dann noch bis zum April 1919 von dessen Nachfolger Erich Kufeld geleitet. Manche Zeitschriften, etwa die âDie Arbeitâ, die seit 1922 in Moskau erschien, wechselten innerhalb eines Jahrzehnts gar fĂŒnfmal den Namen. Auf der anderen Seite erfreuten sich gewisse Titel, insbesondere sozialistisch-plakative, besonderer Beliebtheit. Beispielsweise gab es parallel drei BlĂ€tter namens âBolschewikâ, fĂŒnfmal âLenins Wegâ und rund achtmal versah man Periodika bei landwirtschaftlichen Politabteilungen mit dem Titel âFĂŒr bolschewistische Kollektiveâ. Ein Dekret aus dem Jahre 1918 erklĂ€rte alle nichtbolschewistischen Periodika fĂŒr gesetzwidrig; unter solchen Voraussetzungen wurden auch die meisten deutschsprachigen Periodika zu bolschewistischen PropagandablĂ€ttern.
Alle haben dasselbe zu sagen
Die Knebelung der deutschsprachigen Presse in Sowjetrussland nach 1917
Alle haben dasselbe zu sagen
Die Knebelung der deutschsprachigen Presse in Sowjetrussland nach 1917
Die Richtlinien fĂŒr Inhalte, Struktur und Entwicklung der deutschsprachigen Presse wurden vollstĂ€ndig in den Dienst von Partei und Staat gestellt, zentralisiert und kontrolliert. Diese Knebelung der Presse durchdrang alle Zeitungsspalten, so daĂ kein Artikel auch nur den leisesten Anflug einer eigenen Meinung enthielt. Statt als Kommunikations- und Informationsmedium dienten Zeitungen und Zeitschriften nach 1917 als Sprachrohr der sozialistischen Propaganda.
Propaganda statt Bildung
Die Bolschewiki nutzen nach 1917 den Bildungshunger der Menschen
Propaganda statt Bildung
Die Bolschewiki nutzen nach 1917 den Bildungshunger der Menschen
Zur Macht gelangt, drangen dann die Bolschewiki auĂer mit den GeschĂŒtzen auch mit Myriaden und FlugblĂ€ttern, Zeitungen und BroschĂŒren, mit Millionen von politischen Lehrplakaten und BilderbĂŒchelchen in die Volksmassen ein. Alle DruckerschwĂ€rze wurde fĂŒr die Propaganda hergegeben. Aber das war nicht 'Kultur', was sie verbreiteten, sondern politischer Klassenkampf. Unterm Zaren hatte das Volk nichts zu lesen gehabt, jetzt ersoff es in der 'AufklĂ€rung'. Ein Urteil hatte es sich frĂŒher nicht bilden können, jetzt verschlang es die 'Wissenschaft' heiĂhungrig und nahm die bolschewistische Mord- und Raubliteratur fĂŒr europĂ€isches 'Wissen', fĂŒr europĂ€ische 'Bildung', fĂŒr die wahre Kunst hin.
Anmerkung: Der Autor dieses Buches, Georg Löbsack, wurde 1893 in Russland geboren und arbeitete nach einer theologischen Ausbildung als Journalist fĂŒr auslandsdeutsche Zeitungen, nicht nur in Russland. Im Ersten Weltkrieg musste er als russischer Soldat kĂ€mpfen. Die Entwicklungen in den von Russlanddeutschen bewohnten Gebieten Sowjetrusslands nach 1917 verstörten ihn zutiefst. Er lehnte die Bolschewiki mit aller Leidenschaft ab, hielt sie fĂŒr grausame Mörder, Diebe und politische LĂŒgner. Schon 1921 beschloss er, nach Deutschland zu emigrieren. Das Buch âUnd einsam kĂ€mpft das Wolgalandâ hat einen stark nationalistischen Einschlag.
Wenn Papiermassen 'heulen', Zeitungen 'lÀrmen' und HauswÀnde 'schreien'
UnertrÀglichkeit von Propaganda
Wenn Papiermassen 'heulen', Zeitungen 'lÀrmen' und HauswÀnde 'schreien'
UnertrÀglichkeit von Propaganda
Im Januar 1924 starb Lenin. Ein Riesenapparat aus Menschen- und Papiermassen heulte auf: der russischen â der Weltgeschichte gröĂter Mann ist nicht mehr; die internationale Revolution hat ihr Haupt, den Mann mit den Schlitzaugen und dem titanischen Willen verloren. 'Lenin ist tot; die Sonne der bolschewistischen Revolution hat ihren hellen Schein verloren!' lĂ€rmten die Zeitungen. 'Lenin ist tot â Gott gebe ihm die ewige Seligkeit!' betete unter Kreuzen eine alte BĂ€uerin in Berjosowka. 'Lenin ist tot â sein Werk lebt fort!' schrien die Fassaden in Moskau in Riesenlettern ĂŒber die StraĂe Die Scharen obdachloser Kinder zogen wĂ€hrend der Trauerfeierlichkeiten in Moskaus Vororte und plĂŒnderten die geschlossenen KooperativlĂ€den: 'Lenin ist tot â sein Werk lebt fort!' wiederholten sie mit Kreide auf den geleerten Regalen. 'Iljitsch ist tot!' trauerte in endlosen bestellten DemonstrationszĂŒgen die gehĂ€tschelte, verbettelte Arbeiterwelt. 'Lenin ist tot!' sagten die Hoffnungstaler Bauern, 'der Vernichtungskampf gegen unsere Dörfer geht weiter.'
[...]
In der Hinterstube saĂ Peter Born und trug in ein altes Heft das Erlebnis des Tages ein: 'Das Dorf stirbt; denn die Gemeinde zerfĂ€llt. Nicht an der Gewalt von auĂen, sondern durch die innere Auflösung, durch das Zerbröckeln der bĂ€uerlichen Gemeinschaft. Hoffnungstal hört auf, zu sein. â Wer ist der NĂ€chste, den diese Erde nicht mehr ertrĂ€gt?'
Anmerkung: Der Autor dieses Buches, Hans Harder (1903â1987), wurde in der mennonitischen Gemeinde Neuhoffnung-Alexandertal im Gouvernement Samara geboren. Er verlieĂ Russland schon mit dem Ersten Weltkrieg. Harder betĂ€tigte sich als deutsch-russischer Schriftsteller. Er hatte Wirtschaft, Philosophie, Slawistik und Literaturwissenschaften in Königsberg studiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zum Professor fĂŒr Sozialwissenschaften an die PĂ€dagogische Akademie nach Wuppertal berufen. WĂ€hrend der Naziherrschaft hatte er sich der Bekennenden Kirche angeschlossen. 1987 starb er im hessischen SchlĂŒchtern.
4 Der Zweite Weltkrieg beendet das Leben der Deutschen in Osteuropa
Millionen Deutsche, die im Osten Europas zum Teil seit Jahrhunderten
gelebt hatten, wurden durch den rassistischen Krieg, der von
Hitlerdeutschland ausging und durch den Strudel der Fluchtbewegungen
und Vertreibungen am Ende des Krieges aus ihrem Leben gerissen â vom
Baltikum bis zum Schwarzen Meer.
Auf der Grundlage
eines Verschleppungsplans des sowjetischen Geheimdienstes wurden etwa ab
1944 Deutsche vom Balkan in die Sowjetunion deportiert. Um die
Jahreswende 1944/45 wurden beispielsweise mehrere
Zehntausend Ungarndeutsche in die Sowjetunion verschleppt und zur
Zwangsarbeit gezwungen. Tausende kamen dabei ums Leben.
Schon beim
Vormarsch der Roten Armee hatte es wilde Vertreibungen gegeben.
Diese wurden nach dem Ende des Weltkriegs durch die neuen Regierungen
der mittelosteuropÀischen LÀnder, die unter dem Einfluss der Sowjetunion
standen, staatlich sanktioniert und nahezu ohne Ausnahme flÀchendeckend
durchgesetzt. 1946 und 1947 kamen zum Beispiel etwa 176.000
Ungarndeutsche in die US-Besatzungszone in Deutschland. 1947 und 1948
wurden 50.000 Ungarndeutsche in die sowjetische deutsche Besatzungszone
gebracht.
Die Russlanddeutschen waren schon 1941 aus ihren Siedlungsgebieten an der Wolga deportiert worden. Die seit dem Mittelalter im Baltikum ansĂ€ssigen Deutschen wurden ebenso vertrieben wie die Deutschen aus Bessarabien, dem Banat, aus dem Sudetenland und am Ende auch aus Schlesien, PreuĂen, Pommern, Ostbrandenburg, Danzig und vielen anderen Gebieten, die unter die Herrschaft der Sowjetunion und ihrer neu gegrĂŒndeten sogenannten Satellitenstaaten fielen.
Als Volksgruppen mussten sie die Rache und Vergeltung fĂŒr einen vom Deutschen Reich begonnenen Krieg ertragen, der von nationalem GröĂenwahn, deutschem Herrenmenschendenken und Rassismus geprĂ€gt war. Und die Sieger, insbesondere die Sowjetunion, behandelten sie als Schuldige, schĂŒrten ihrerseits antideutsche Vorurteile, nutzten die Chance des Sieges ihrerseits fĂŒr ethnische SĂ€uberungen.
Wer sind die Ungarndeutschen?
Zwei Links zur Vertiefung
Wer sind die Ungarndeutschen?
Zwei Links zur Vertiefung
Im Text oben werden die Ungarndeutschen erwĂ€hnt. Wenn du dich ĂŒber diese Gruppe genauer informieren willst, kannst du das ĂŒber diesen Link tun. Wenn du etwas ĂŒber ungarndeutsches Leben heute erfahren willst, nutze dafĂŒr diesen Link.
5 Zusammenfassung
Auf dieser Seite ging es um die Frage, wie die totalitĂ€ren Ideologien des 20. Jahrhunderts zur existenziellen Bedrohung der deutschen Minderheiten in Osteuropa wurden.Â
Der Nationalsozialismus und der Sowjetkommunismus beziehen sich beide auf nationalistische Vorstellungen. Beide streben eine Einheitlichkeit der Bevölkerung an, lehnen kulturelle/religiöse/sprachliche Sondergruppen ab und sehen Gewalt als legitimes politisches Mittel an.
Der Sowjetkommunismus fĂŒhrt zunĂ€chst zur kulturellen UnterdrĂŒckung deutscher Minderheiten. Eigene kulturelle oder religiöse Praktiken wurden verboten und durch von der Partei vorgegebene sozialistische Praktiken ersetzt. Die Deutschen sollten nicht Russen werden â sie sollten alle Kommunisten werden.
Der von den Nationalsozialisten begonnene 2. Weltkrieg machte die deutschen Minderheiten in Osteuropa zu Gegnern im Innern. WÀhrend des Krieges wurden sie verhaftet, interniert, deportiert und oft getötet. Nach dem Krieg blieben sie diskriminiert und wurden oft aktiv vertrieben.