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7.2 Aussiedlung nach Deutschland und weitere Alternativen

Fünf Reisekoffer mit je einem Rucksack obenauf stehen in einer Rehei nebeneinander vor einer Wand
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Urheber: Tookapic

https://pixabay.com/de/photos/gep%C3%A4ck-koffer-taschen-urlaub-reise-933487/

PD

Gehen oder bleiben?

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Der Untergang der Sowjetunion im Jahre 1991 war für viele Menschen der damaligen Zeit ein großer Einschnitt. Sie hatte über 70 Jahre bestanden und war lange Zeit die Führungsmacht eines Weltreichs gewesen. Das Verhältnis der Russlanddeutschen zur Sowjetunion war bestenfalls zwiespältig, in den letzten Jahrzehnten jedoch zumindest friedlich gewesen. Würde das Ende der Sowjetunion neue Möglichkeiten oder neue Gefahren bereithalten?

1 Auf der Suche nach einem besseren Leben – Massenhafte Rückwanderung

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Grenzdurchgangslager Friedland.- Aussiedler / Flüchtlinge in Wohnstube um einen Tisch sitzend
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Urheber: Bundesarchiv, B 145 Bild-F079037-0006

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F079037-0006,_Lager_Friedland,_Aussiedler_-_Fl%C3%BCchtlinge_in_Unterkunft.jpg

Cc3BYSA

In Friedland und Unna-Massen befinden sich Aufnahmeeinrichtungen für Aussiedler, Zuwanderer und Flüchtlinge. Das Bild zeigt Aussiedler im Grenzdurchgangslager Friedland im Jahr 1988. Wenige Jahre darauf setzte die Massenrückwanderung ein.

Aufnahmebescheid nach dem Bundesvertriebenengesetz, ausgestellt am 08.02.2005 für einen Spätaussiedler aus Russland.
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Urheber: Bundesverwaltungsamt

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aufnahmebescheid_nach_dem_Bundesvertriebenengesetz.png?uselang=de

PD

Bescheid für einen Spätaussiedler über die Aufnahme in Deutschland (2005)

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Mit dem Ende der Sowjetunion und dem Zusammenbruch des Ostblocks setzte eine große Auswanderungswelle von Russlanddeutschen nach Deutschland ein. Ihre zukünftige Stellung in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion war häufig ungewiss. Die Grenzen waren nun offen. Auseinandergerissene Familien konnten wieder zusammengeführt werden. Und auch die Erinnerung an das ‚Deutschsein‘ und das Bedürfnis, die deutsche ‚Ur-Heimat‘ einmal zu sehen, bekamen bei vielen Russlanddeutschen nun Raum. Außerdem verstärkte die wirtschaftliche Krise während des Übergangs zu einer kapitalistischen Wirtschaft das Gefühl der Perspektivlosigkeit.

Das vereinigte Deutschland erschien vielen Russlanddeutschen vor diesem Hintergrund als wirtschaftlich attraktives und gut organisiertes Land voller Lebenschancen. So begann eine Massenrückwanderung Russlanddeutscher nach Deutschland. Zwischen 1990 und 1997 gingen fast 1,3 Mio. Menschen mit deutscher Herkunft nach Deutschland. Die Aussiedlung nach Deutschland wurde eine Bewegung mit großer Sogwirkung. Immer mehr Menschen ließen sich von dem Gedanken an ein einfacheres und besseres Leben in Deutschland faszinieren. In den Familien wünschten sich viele Eltern und Großeltern vor allem eine bessere Zukunft für ihre Kinder und wollten sich nicht vorwerfen lassen, Chancen verpasst zu haben.

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Gründe für die Aussiedlung. Dr. Katharina Neufeld | Ehemalige Leiterin des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte
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Urheber: Institut für digitales Lernen

Cc4BYSA
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Quelle

Begründungen Russlanddeutscher für die Ausreise (1990er Jahre)

Wem daran liegt, daß seine Kinder und Kindeskinder Deutsche bleiben, der muß jetzt ausreisen.
Jetzt haben wir die Möglichkeit – wer weiß wie's morgen aussieht!

Peter Hilkes und Gerd Stricker, Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Gerd Stricker (Hg.), Deutsche Geschichte im Osten Europas. Rußland (= Deutsche Geschichte im Osten Europas), Berlin 1997, S. 221–260, hier S. 257.

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Quelle

Rede des russischen Präsidenten Boris Jelzin im Gebiet Saratow über die russlanddeutsche Frage, 1992

Hinweis: Saratow liegt in dem Gebiet der früheren Wolgadeutschen Republik.

Ich will hier eine verbindliche Erklärung abgeben, damit das allen klar ist: Dort, wo es keine kompakte Ansiedlung der deutschen Bevölkerung gibt, das heißt, wo die Wolgadeutschen keine Mehrheit bilden, wird es keine Autonomie geben! Das versichere ich als Präsident! [Aus der Menge: Hurra!]. Anders steht es mit dem 300.000 Hektar großen militärischen Testgelände [Raketentestgelände Kapustin Jar] im Wolgograder Gebiet, das unbesiedelt ist und [...] freigegeben wurde. Und dort, nehmen wir an, werden sie angesiedelt. Und sie sollen den Boden, der mit Geschossen gespickt ist, sie sollen ihn also bearbeiten. Und Deutschland wird dabei mithelfen. Irgendwann wird dann dort vielleicht ein Bezirk entstehen, vielleicht auch ein Rayon, ein nationaler Rayon der Wolgadeutschen, aber erst dann, wenn dort 90 Prozent Deutsche sein werden.

Bei euch bilden vorrangig die Russen die Mehrheit. Bei euch leben und in eurem Betrieb arbeiten über 50 Nationalitäten. Von welcher deutschen Autonomie des Wolgagebiets kann bei euch, auf eurem Territorium die Rede sein? Kein einziges Haus, nirgends, wird wegen der Wolgadeutschen abgetragen. Das garantiere ich euch. Das sollt ihr wissen und allen anderen weitersagen. Das steht nicht zur Debatte.

zitiert nach: György Dalos, Geschichte der Russlanddeutschen, München 2014, S.288 f.

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Der Russlanddeutsche Alexander Kühl über die Gründe zur Aussiedlung
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Urheber: Institut für digitales Lernen

Cc4BYSA
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Quelle

Der russlanddeutsche Literat Johann Warkentin über den Beginn der Spätaussiedlerbewegung in der Sowjetunion

Es hatten sich ja Himmel und Hölle gegen dieses für uns einzig lebenswichtige Ziel, den einzig darstellungswürdigen Gegenstand verschworen, alle irdischen Mächte, nicht zuletzt auch die Bundesrepublik.'
Der Kreml war stur, blieb stur, drauf schien Verlaß./
Man konnte sich empören, ihn beschwören/
nach Herzenslust, er würde auf nichts hören./
Doch plötzlich änderte sich das, und kraß!//
Und zwei Millionen, die man sinnbetörend/
gelockt, geködert ohne Unterlaß,/
die drängten nun herein ...'

Johann Warkentin, Geschichte der rußlanddeutschen Literatur aus persönlicher Sicht, Stuttgart 1999, S. 381.

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Darstellung

Probleme durch die Rückwanderung nach Deutschland bei Jugendlichen

Für die Jugendlichen, die in Westsibirien oder Kasachstan aufgewachsen sind, ist der Schritt am schwersten. Sie empfinden diese Länder als ihre Heimat. Sie haben im Gegensatz zu ihren Eltern und Großeltern ein anderes Verhältnis zu Deutschland und der Frage der Auswanderung. Nicht selten kommt es wegen der bevorstehenden Ausreise zu Konflikten in den Familien, und nicht immer reisen die Jugendlichen bereitwillig aus. In einer wichtigen Phase der Persönlichkeitsentwicklung müssen sie alle Bindungen aufgeben, sollen plötzlich ‚richtige‘ Deutsche sein, sich einfügen in einen Kulturkreis, der ihnen fremd ist, der ihnen nichts bedeutet und den sie im schlimmsten Fall sogar ablehnen. Entwurzelt, des Deutschen nicht mächtig, im Konflikt mit ihren Angehörigen kommen die jungen ‚Russlanddeutschen‘ in die ‚historische Heimat‘, stoßen auf eine ihnen völlig fremde und oft feindliche Umwelt [...].

Peter Hilkes und Gerd Stricker, Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Gerd Stricker (Hg.), Deutsche Geschichte im Osten Europas. Rußland (= Deutsche Geschichte im Osten Europas), Berlin 1997, S. 221–260, hier S. 259.

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Darstellung

Evgenia Gorbatko über die Umsiedlung nach Deutschland

Ich habe mich sehr gefreut, als ich erfahren habe, dass wir nach Deutschland gehen. Aber als ich 3 Wochen vor der Abreise die Flugtickets in der Hand hielt, habe ich Angst gekriegt. [...] Ich habe mich gefragt, wie wird es ohne meine Freunde in einem fremden Land sein? [...] Angekommen in Deutschland, waren wir zunächst in Friedland, später in Unna-Massen. Wir sind am 9. November 2003 in Deutschland angekommen [...]. Wir haben Kasachstan bei Sonnenschein verlassen und Deutschland bei Regen und grauem Himmel betreten. ich hatte einen sehr schlechten Eindruck von Deutschland! [...] Ich hatte die Empfehlung gekriegt auf ein Gymnasium zu gehen und mein Abitur zu machen. So bin ich auf die Unesco-Schule gekommen. Dort war ich erst in einer internationalen Förderklasse mit Mitschülern aus verschiedenen Ländern. Nach einem halben Jahr bin ich in die Regelklasse gekommen. Schwierigkeiten hatte ich nur im Fach Deutsch, alles andere war kein Problem. Schwierig war auch damals für mich, dass ich mit 17 Jahren erst in einer neunten Klasse war. Meine Freunde in Kasachstan standen viel schneller im Berufsleben. Das hat mich damals traurig gemacht. Heute weiß ich, dass sie dort keine besondere Zukunft haben und viel weniger gesehen haben als ich. Es hat mir geholfen, dass wir nach 9 Monaten direkt wieder nach Kasachstan geflogen sind, weil wir Heimweh hatten. Das hat mir gezeigt, dass wir in Deutschland unsere neue Heimat gefunden haben. Die Ausreise nach Deutschland war auf jeden Fall positiv für mich!

Hinweise
- Evgenia Gorbatko war 17 Jahre als sie mit ihren Eltern nach Deutschland übersiedelte. Sie berichtet hier als 25-Jährige.
- In Friedland und Unna-Massen befinden sich Aufnahmeeinrichtungen für Aussiedler, Zuwanderer und Flüchtlinge.

1956 – ... Lange Wege zur Freiheit. Zeitzeugen sprechen: Ausreisebewegung der Deutschen in der Sowjetunion zwischen 1956 und heute, hg. von der Vereinigung zur Integration der russlanddeutschen Aussiedler e. V. (VIRA), Düsseldorf o. J., S. 41.

Tabelle: Übersiedlungen von Russlanddeutschen in die Bundesrepublik Deutschland (1985–1996)

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Jahrzugewanderte Russlanddeutsche
1985460
1986753
198714.488
198847.572
198998.134
1990147.950
1991147.320
1992195.576
1993207.347
1994213.214
1995209.409
1996172.181
Peter Hilkes und Gerd Stricker, Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Gerd Stricker (Hg.), Deutsche Geschichte im Osten Europas. Rußland, Berlin 1997, S. 259.

2 Die deutsche Bundesregierung und Russlanddeutschenhilfe

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Die deutsche Bundesregierung förderte die russlanddeutsche Kultur nach 1990 intensiv. In vielen Siedlungszentren der Russlanddeutschen wurden beispielsweise Kulturvereine und andere Bildungseinrichtungen unterstützt. Außerdem wurde seit Mitte der 1990er Jahre in einer sogenannten ‚Sprachoffensive‘ sehr intensiv das Lernen der deutschen Sprache gefördert. Bis Ende 1997 förderte die Bundesregierung beispielsweise in Russland und Kasachstan 6.219 Sprachkurse in 644 Orten mit etwa 105.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Kenntnis der deutschen Sprache war auch für diejenigen Russlanddeutschen wichtig, die nach Deutschland aussiedeln wollten. Zwar gaben bei der Übersiedlung etwa drei Viertel der Aussiedler Deutsch als ihre Muttersprache an, viele beherrschten die deutsche Sprache aber nicht gut.

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Darstellung

Sprachprobleme bei Spätaussiedlern

In der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen können ca. 49 Prozent nur wenige Worte bzw. gar kein Deutsch; bei den 45- bis 59-Jährigen sind es 34 Prozent und bei den über 60-Jährigen nur noch 22 Prozent. In der Altersgruppe der unter 25-Jährigen können mehr als die Hälfte – 53 Prozent – nur wenige Worte bzw. kein Deutsch. Aussiedler, die in der Öffentlichkeit untereinander nur Russisch sprechen, werden von vielen Einheimischen als Russen bezeichnet. Die Russlanddeutschen selbst fühlen sich diskriminiert, was sich in dem Ausspruch äußert: „In Russland war ich der Deutsche, hier bin ich Russe." Um diese Situation positiv zu verändern, hat die Bundesregierung 1996 eine „Sprachoffensive“ eingeleitet. In den Herkunftsländern der Aussiedler, besonders in Russland und Kasachstan, sowie in Deutschland finden geförderte Deutschkurse statt (6 Monate, für Jugendliche 10 Monate).

3 Nationale Rayons statt Wolgarepublik

Deutscher Nationaler Rayon Asowo/Omsk in der Russischen Föderation

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Karte vom heutigen Russland, die das Gebiet der deutschrussischen Nationalrayons zeigt
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© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc

Die Karte der Russischen Föderation stellt die Gebiete der deutschen Nationalrayons dar. In und um Omsk und Nowosibirsk leben heute die meisten Russlanddeutschen in Russland.

In Westsibirien, nahe der Stadt Omsk, wurde 1992 ein deutscher Rayon (Landkreis) gegründet. Zu Beginn der 1990er Jahre lebten dort in einigen Siedlungen mehrheitlich Deutsche. Die Gründung dieses Rayons wurde mit Geld und organisatorischer Hilfe von der deutschen Bundesregierung unterstützt.

Es entstanden neue Verwaltungsgebäude, Siedlungshäuser und soziale Einrichtungen wie Schulen und Gesundheitsstationen. Für alle Maßnahmen wurde ein Finanzierungsfond gegründet, der Kredite an bauwillige Personen und Firmen vergab. So wurde beispielsweise im Ort Krutsch 1994 ein Bauprojekt im Umfang von 2,76 Millionen Deutsche Mark begonnen. Es wurde zunächst ein Wohngebiet mit 30 Häusern und Wirtschaftsgebäuden, einer Schule und einer Erste-Hilfe-Station errichtet. Beim Bau der Siedlung wurden die späteren Bewohner von der Baufirma einbezogen.

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Zeitung für Dich
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© Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte, Detmold

https://issuu.com/russlanddeutsche/docs/mrk_katalog_dokumente_hohe_aufl_sun

Arrc

Deutsche Zeitungen aus Russland: Die ‚Zeitung für dich‘ (Ausgabe von 1994) aus Slavogord richtete sich an die deutsche Bevölkerung der Region Altai

Orenburger Allgemeine
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© Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte, Detmold

https://issuu.com/russlanddeutsche/docs/mrk_katalog_dokumente_hohe_aufl_sun

Arrc

Orenburger Zeitung von 1995

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Darstellung

Das russisch-deutsche Haus in Nowosibirsk

Russisch-Deutsches Haus in Nowosibirsk
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Urheber: К.Артём.1

https://bit.ly/3GjgTiA

PDBYSA

Das Deutsch-Russische Haus in Nowosibirsk, Jadrinzewskaja-Straße Nr. 68

Das Kindertheaterfestival ‚deutsch spielerisch‘, das im Video oben gezeigt wird, fand 2021 zum 19. Mal statt. Es ist ein gutes Beispiel für die Kulturarbeit, die das russisch-deutsche Haus in Nowosibirsk leistet. Viele Bilder und Informationen zu diesem Theaterprojekt findest du hier auf der Website des Hauses (wenn du kein Russisch kannst, wirst du dir die Seite online übersetzen lassen müssen). Die Seite bietet auch eine 3D-Tour durch das Haus an und du kannst dir die Ausgaben der hier herausgegebenen ‚Sibirischen Zeitung plus‘ ansehen.

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Vertiefung

Fördermaßnahmen der Bundesrepublik im Deutschen Nationalen Rayon Asowo/Omsk

Neben den oben genannten Infrastrukturmaßnahmen, förderte die Bundesregierung den Rayon auch in der medizinischen Versorgung, mit Kulturprogrammen und in der Landwirtschaft:

  • Seit 1996 erhielten im Nationalrayon 100 Erste-Hilfe-Stationen Medikamentenlieferungen, marode Gebäude wurden saniert und es entstand ein Altersheim mit 45 Wohneinheiten. Auch Straßen wurden neu gebaut.
  • Zur Pflege deutscher Kultur wurden zum Beispiel Kinderbuchwettbewerbe gefördert. Die deutsche Zeitung mit dem Namen ‚Ihre Zeitung‘ brachte in den 1990er Jahren eine wöchentliche Ausgabe mit acht Seiten in deutscher Sprache heraus. Diese zählte im Omsker Gebiet zeitweise zu den meistverkauften Wochenzeitungen.
  • Auch die Landwirtschaft wurde massiv gefördert. Mit Saatgut und Maschinen aus Deutschland wurde die Produktion gesteigert und die Qualität der Ernten verbessert. Zeitweise waren die Ernten im Asowo-Rayon um das Dreifache höher als im russischen Durchschnitt.

Deutscher Nationaler Rayon im Altai-Gebiet (Halbstadt) in der Russischen Föderation

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Verwaltung des Deutschen Nationalen Rayon und Sibirische Industrie und Service GmbH SIS, Deutscher Nationaler Rayon im Altai-Gebiet, o.O. o.J., Umschlag
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© unbekannt

https://www.russlanddeutsche.de/de/

Arrc

Ortseingangsschild von Halbstadt: Hier liegt das Verwaltungszentrum des deutschen Nationalrayons der Region Altai.

Deutscher Nationaler Rayon im Altaj-Gebiet in der Russischen Föderation, o.J., o.O. (B11cDN1005), S. 6F
§

© unbekannt

https://www.russlanddeutsche.de/de/

Arrc

Erhalt der russlanddeutschen Kultur? Eine Volkstanzaufführung im deutschen Nationalrayon in Russland.

Bundesministerium des Innern (Hg.), Deutscher Nationaler Rayon Halbstadt nach fünf Jahren, o.O. 1996 (B11cDN1006), S. 17
§

Urheber: unbekannt

PDBYSA

Hier siehst du eine Straßenzeile mit Wohnbauten in Halbstadt.

Bundesministerium des Innern (Hg.), Deutscher Nationaler Rayon Halbstadt nach fünf Jahren, o.O. 1996 (B11cDN1006), S. 6
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Urheber: unbekannt

PDBYSA

Der damalige Gouverneur des Altaigebiets Korschunow (rechts) mit dem deutschen Regierungsvertreter Waffenschmidt (mitte) bei einem Besuch im deutschen Nationalrayon 1996.

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Die Bundesrepublik förderte seit 1989 ebenfalls ein Projekt zur Wiederherstellung eines deutschen Nationalrayons im Altai-Gebiet. Dieser Rayon hatte bereits vor dem Zweiten Weltkrieg bestanden, war dann aber in der Zeit des stalinistischen Terrors 1938 aufgelöst worden.

Im neu gegründeten Nationalrayon im Altai-Gebiet wurden in den 1990er Jahren ebenfalls Bauprojekte in Wirtschaft, Infrastruktur und Sozialwesen unterstützt, darunter Molkereien und Schlachthöfe. Auch ein Krankenhaus und Bildungseinrichtungen entstanden.

Viele deutschstämmige Menschen gingen auch während des erfolgreichen Aufbaus im Rayon nach Deutschland. Aus Kasachstan und Kirgisistan zogen viele Familien nach, die nur noch teilweise einen Bezug zur deutschen Kultur hatten. Die Pflege der deutschen Kultur ist daher ein wichtiges Anliegen des Rayons.

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Quelle

Aus dem Gedicht "Enttäuscht" des russlanddeutschen Dichters Leo Maier

In Jelzins Absicht schmeckt wohl jeder
den wermut-bitteren Ersatz.
Wir sagen Russlands Präsidenten:
Wir brauchen nicht Kapustin Jar,
das unfruchtbare Schießgelände,
wo nie ein Russlanddeutscher war!
Nicht mal mit Schellen an den Händen
treibt einen Deutschen man dorthin!

Was können wir der Heimat sagen,
die wir geliebt seit alters her?
'in all den trüben schweren Tagen
warst du uns keine Heimat mehr!'

Für Rußland sind wir fremd geblieben,
nur Arbeitsvieh bis in den Tod.
Für Deutschland waren wir und bleiben
die deutschen Brüder in der Not.

Ich hatte Hoffnung, hatte Glauben
Und einen schönen Jugendtraum,
Der süß war wie des Weinstocks Trauben,
Doch spurlos schwand wie Meeresschaum.

Es ist nicht leicht, doch muß ich wagen
Und fahren hin zum Vater Rhein,
Vielleicht kann ich dort endlich sagen:
'Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein!'

Ich möchte gern zurück, mein liebes Deutschland,
Hab's nie geseh'n, doch sehen will ich's unbedingt.
Ich bin ein Deutscher, darum fort von Rußland.
Bin übermüde, Spott und Hohn zu dulden.
Ich beuge mich, Deutschland, mich zu deinen Füßen
Und bitte: nimm an den verlorenen Sohn.

Zitiert nach: Ljubow Kirjuchina, Sowjetdeutsche Lyrik (1941–1989) zu den Themen „Muttersprache" und "Heimat" als narrativer Identitätsakt (= Studien der Forschungsstelle Ostmitteleuropa an der Universität Dortmund, Bd. 29), Wiesbaden 2000, S. 292–295.

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Allgemeine Informationen

Russlanddeutsche Kultur in Russland heute

Es gibt in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion viele Vereine, Interessengruppen oder Verwaltungseinrichtungen, in denen Russlanddeutsche heute ihr Leben gestalten und ihre Kultur pflegen. Hier einige Beispiele:

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Allgemeine Informationen

Der Internationale Verband der deutschen Kultur (IVDK)

Hinweis: Dieser Text stammt aus einem Artikel der Moskauer Deutschen Zeitung zum 30. Gründungsjubiläum des Internationalen Verbands der deutschen Kultur (IVDK). Den ganzen Artikel findest du hier.

Das war die Ausgangslage, als am 28. Juni 1991 eine neue gesellschaftliche Organisation gegründet wurde, die sich zur Aufgabe machte, die ethnokulturellen Potenziale der Sowjetdeutschen zu bündeln und ihre ethnokulturelle Entwicklung zu fördern.

Wir beschlossen, unserer Vereinigung folgenden Namen zu geben: Verband zur Förderung der Kultur der Deutschen in der Sowjetunion. Doch bereits in den darauffolgenden Monaten wurde klar, dass das Schicksal der UdSSR fraglich ist, deshalb wurde unsere Organisation im Oktober 1991 als Internationaler Verband der deutschen Kultur registriert.

Anfangs verhielten sich die „großen Namen“ der Bewegung [der Russlanddeutschen] gegenüber dem IVDK von oben herab: Wir machen hier ernsthafte politische Arbeit und die kommen uns mit ihrer Kultur in die Quere, so der Tenor. Ich erinnere mich, wie einmal einer der „Patriarchen“ zur Freude anderer Anführer auf einer Sitzung der Deutsch-Rus­sischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen erklärte: „Wenn wir den Weg nehmen, den Heinrich Martens vorschlägt, dann singen und tanzen wir unsere Republik weg. Erst müssen wir sie wiederherstellen, dann können wir auch singen und tanzen lernen.“ Aber die Zeit verging, die Republik wurde nicht wiederhergestellt, nach und nach zerfielen die einst großen Organisationen und zerstreuten sich ihre Führungsfiguren in alle Winde.

Zur selben Zeit organisierte der IVDK Jugendlager, Konzerte, Ausstellungen und Festivals, veranstaltete Schulungen und wissenschaftliche Konferenzen, startete Deutschkurse, brachte die Herausgabe von Büchern und Zeitschriften für die deutsche Bevölkerung auf den Weg, tilgte weiße Flecken in der Geschichte der Russlanddeutschen, half bei der Gründung des Jugendrings der Russlanddeutschen, der Künstlervereinigung der Russlanddeutschen, des Sozialrats der Selbst­organisation der Russlanddeutschen und des Deutschlehrerverbands Russlands. Unsere Fachleute waren in den Regionen unterwegs und leisteten die nötige organisatorische und methodische Hilfe. Wir arbeiteten hart für die Zukunft der Russlanddeutschen, egal, ob sie in Russland­ bleiben wollten oder es vorzogen, in ihre historische Heimat überzusiedeln.

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Politik direkt | Russlanddeutsche - Warum sie in der Heimat geblieben sind
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https://www.youtube.com/watch?v=h1z-9t3-EyA&feature=emb_title

Beitrag des TV-Senders Deutsche Welle: Russlanddeutsche – Warum sie in der Heimat geblieben sind. [20.09.2008]

4 Zusammenfassung

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Auf dieser Seite ging es um die Frage, was die Russlanddeutschen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion taten.

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Massenausreise Reaktion der BRD Nationalrayons
Grenzdurchgangslager Friedland.- Aussiedler / Flüchtlinge in Wohnstube um einen Tisch sitzend
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Urheber: Bundesarchiv, B 145 Bild-F079037-0006

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F079037-0006,_Lager_Friedland,_Aussiedler_-_Fl%C3%BCchtlinge_in_Unterkunft.jpg

Cc3BYSA

Der überwiegende Teil der Russlanddeutschen entschied sich, die neuen Freiheiten zu nutzen und sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. Ab 1990 stieg die russlanddeutsche Einwanderung in die BRD auf über 100.000 pro Jahr an, bis 1997 reisten 1,3 Millionen aus.

Aufnahmebescheid nach dem Bundesvertriebenengesetz, ausgestellt am 08.02.2005 für einen Spätaussiedler aus Russland.
§

Urheber: Bundesverwaltungsamt

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aufnahmebescheid_nach_dem_Bundesvertriebenengesetz.png?uselang=de

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Einerseits versuchte die BRD, die Einreise von Russlanddeutschen zu erleichtern. Sie bekamen erleichterten Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft und man versuchte, die (oft geringen) Deutschkenntnisse der Spätaussiedler zu fördern. Andererseits sollten auch die in Russland zurückbleibenden Russlanddeutschen unterstützt werden.

Karte vom heutigen Russland, die das Gebiet der deutschrussischen Nationalrayons zeigt
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© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc

Als Ersatz für die verlorene Wolgarepublik wurden in Westsibirien Nationale Rayons (Landkreise) für die dort lebenden Russlanddeutschen eingerichtet. Hier wurden mit deutscher finanzieller Unterstützung verschiedene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Projekte aufgebaut.

Massenausreise Reaktion der BRD Nationalrayons