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5.1 Der wirtschaftliche Aufstieg der deutschen Siedler
Man pflanzt nur Bäume, wenn man hofft, ihre Früchte ernten zu können.
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Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Goldene Zeitalter der deutschen Kolonisten an der Wolga. Durch harte Arbeit verwandelten sie die Steppe in fruchtbares Ackerland, bauten ihre Dörfer aus, errichteten Kirchen und Schulen und schufen sich so eine neue Heimat. Zusätzlich zu dem Wohlstand, den sie für sich erwirtschafteten, genossen sie auch über die meiste Zeit das Wohlwollen der russischen Regierung. Sie hatten ein unsicheres Grenzland zu einem Teil des russischen Staates gemacht, zahlten Steuern, trieben Handel und trugen zur Entwicklung der ganzen Gegend bei. Was waren die Gründe für diesen russlanddeutschen Erfolg?
1 Aus unfruchtbarer Steppe werden blühende Landschaften
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Nach ihrer Ankunft hatten die Kolonisten mit vielen Schwierigkeiten
zu kämpfen. Das Klima an der Wolga und am Schwarzen Meer war anders als
zu Hause: Im Sommer war es sehr heiß, im Winter bitterkalt. Die
Steppenlandschaft war völlig unbebaut und musste erst tauglich für die
Landwirtschaft gemacht werden. Nach einer unterschiedlich langen,
schwierigen Anfangszeit entwickelten sich die Kolonien der deutschen
Siedler aber sehr positiv. Ab Beginn des 19. Jahrhunderts stiegen die
Einwohnerzahlen stark an und der Reichtum der Dörfer wuchs. Dieser Wohlstand wuchs in den deutschen Dörfern erheblich stärker als in den nicht-deutschen Dörfern der Umgebung.
Tabelle
Bevölkerungsentwicklung der Wolgadeutschen (1769–1834)
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Jahr
Anzahl deutscher Siedler an der Wolga
1769
23.109
1798
39.193
1834
108.251
Viktor Krieger, Kolonisten, Sowjetdeutsche, Aussiedler, Bonn 2015, S. 37.
So haben sie angefangen: Bei ihrer Ankunft im zugewiesenen Siedlungsgebiet fanden die Kolonisten meistens gar nichts vor: keine Häuser, keine Baumaterialien, keine Werkzeuge. Um den ersten Winter (und oft auch den zweiten und dritten) zu überleben, mussten sie schnell lernen, die in der Steppe üblichen Erdhütten zu bauen. Die Erdhütte auf diesem Foto stammt allerdings aus dem Jahr 1933, nicht aus den Anfangsjahren der deutschen Siedler.
Das Foto zeigt ein typisches russlanddeutsches Gehöft im Jahr 1912.
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Quelle
Bericht eines russischen Generalstabsoffiziers über die Russlanddeutschen im Jahr 1863
Die Kolonisten sind unsere Amerikaner, die die wüste Steppe in
herrliche Dörfer mit Gärten und Fluren verwandeln, unsere
kapitalistischen Landwirte, die von Jahr zu Jahr reicher werden und
immer mehr Land einnehmen und ihm Wert zumessen und den Preis der Arbeit
durch ihre außergewöhnliche Nachfrage erhöhen.
Die völlige Überzeugung von der Notwendigkeit der Arbeit, der
Einfachheit des Lebens, die bis zum Stoizismus reicht, das Bewusstsein
des sozialen Vorteils gegenseitiger Unterstützung und der Pflichten
gegenüber der Regierung kennzeichnet sie.
2 Privilegierte Bauern
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Ein direkter Vergleich zwischen den deutschen Siedlern und ihren
russischen und ukrainischen Nachbarn ist nicht wirklich fair. Denn die
Deutschen genossen in ihren Anfangsjahren einige Vorteile.
Sie waren vom Militärdienst befreit. Russische Bauern mussten immer
wieder ihre Söhne zum Militär schicken, damit sie als schlecht
ausgebildete Infanteristen für das Zarenreich kämpften. Diese Söhne
fielen dann zumindest für die Dauer des Krieges als Arbeitskräfte aus.
Oft genug kehrten sie aber gar nicht wieder zurück – die Bedingungen im
Heer waren nicht die besten und oft starben mehr Rekruten an schlechter
Versorgung und Krankheit als an tatsächlichen Kampfhandlungen. Dieser
Verlust an Arbeitskraft blieb den Deutschen erspart.
Sie waren von Steuern und Frondiensten befreit. Den Deutschen waren
von Zarin Katharina dreißig ‚Freijahre‘ versprochen worden. Das
bedeutete, dass die Siedler in dieser Zeit keine Abgaben an das
Zarenreich zu zahlen hatten und auch (anders als ihre einheimischen
Nachbarn) keinen Arbeitsdienst auf den Ländereien benachbarter Adliger
leisten mussten.
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Darstellung
Die Sicht der Russlanddeutschen auf ihre ukrainischen und russischen Nachbarn
Die Sonderstellung der Kolonisten prägte ihre Mentalität,
indem sie von vornherein auf die russischen und ukrainischen Bauern
herabsahen. Bis ins 20. Jahrhundert bezeichneten sich die deutschen
Kolonisten stolz als Musterbauern, deren Vorfahren einst von den Zaren
ins Land gerufen worden waren. Der Standesunterschied zwischen den
privilegierten Kolonisten und den leibeigenen russischen Bauern wurde
zwar [...] durch die 1871 erfolgte Aufhebung des Kolonistenstandes und
die Eingliederung der Kolonisten in die allgemeine Verwaltung beseitigt,
blieb aber im Bewusstsein sowohl der Kolonisten als auch der anderen
Bauern verankert.
Seit jeher achteten die Deutschen streng darauf, dass der geschlossene Charakter ihrer Dörfer erhalten blieb. [...] Neben der Konfession
spielte der Kultur- und Entwicklungsunterschied eine große Rolle. Die
Deutschen waren sich ihrer Überlegenheit in Bezug auf Wirtschaftsweise,
Arbeitseinstellung und Schulbildung vollbewusst.
Mentalität: Eine Prägung, die das Denken und Fühlen von Menschen betrifft Konfession: Eine Gruppe, Lehrmeinung innerhalb einer Religion
3 Harte Disziplin und Fleiß
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§
Urheber: Image extracted from page 423 of Das Deutsche Volk in seinen Mundarten, Sitten, Gebräuchen, Festen und Trachten ... Mit 50 kolorirten Bildern, by DULLER, Eduard. Original held and digitised by the British Library.
Sorgt im Dorf für Ordnung: deutscher Dorfschulze (19. Jahrhundert)
Aber es waren nicht nur die Privilegien der Zarin, die die deutschen
Siedler so erfolgreich machten. Als Fremde in einem großen, oft
unwirtlichen Land entwickelten die Siedler innerhalb ihrer Dörfer ein
starkes Gemeinschaftsgefühl. Sie schotteten sich nach außen ab und
passten aufeinander auf bzw. kontrollierten sich gegenseitig. Die deutschen Dörfer
wurden von gewählten Schulzen geleitet, die darauf achteten, dass alle
Bewohner fleißig und sittsam waren. Verschwendung von Eigentum wurde
nicht geduldet. Und wer es an Arbeitseifer fehlen ließ, musste sich
dafür vor der Dorfgemeinschaft rechtfertigen. Durch harte Regeln und
strenge Kontrolle zu Fleiß und Sparsamkeit angetrieben, waren die
Siedler wirtschaftlich schnell erfolgreicher als ihre Nachbarn.
Hätte in einem Kolonistendorf nicht nur von der Ehefrau Ärger
bekommen: Betrunkener Heimkehrer auf einer Postkarte von Mykola
Pymonenko.
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Darstellung
Der Historiker György Dalos über die strengen Regeln in den deutschen Dörfern
Der Vorsteher oder Schulze verkörperte die absolute Autorität. Er
hatte dafür zu sorgen, dass die Dorfbewohner „sittsam und für die
Gemeinschaft nützlich" lebten und die Jugendlichen sich respektvoll und
folgsam gegenüber ihren Eltern und den Alten verhielten. Diese wiederum
sollten sie mit ihrem Vorbild zu Fleiß, Anstand, Zurückhaltung und
friedlichem Zusammenleben in der Siedlung erziehen. „Müßiggang,
Sauferei, Verschwendung und Radau" sollten verhindert werden, ebenso wie
jeglicher Luxus, zum Beispiel, „wenn jemand maßlose Ausgaben in seinem
Hause hat, häufige Ansammlungen von Gästen, all das, was zur Vergeudung
des Besitzes führt. Verschwendung sind Karten- und andere Spiele um Geld
oder Wertsachen, Verkauf des eigenen Viehs oder anderen Besitzes ohne
Wissen des Schulzen und ohne jede Notwendigkeit, Sauferei oder
Befriedigung anderer Laster." Jeder Kolonist, der sich diesen ehernen
Regeln widersetzte, musste mit öffentlichen Rügen und Geldstrafen
rechnen oder wurde zu unbezahlten gemeinnützigen Arbeiten verpflichtet.
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Darstellung
Eine Anekdote aus dem Dorfleben
In Alexander-Höh [einer deutschen Siedlung im Wolgagebiet] lebt in
den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Witwe namens Schorch.
Ob das ihr Name oder nur ihr Beiname war, wusste kaum jemand. Sie wohnte
in einem der Sonne zugewandten Lehmhäuschen, das am Ende des Dorfes
stand. Schon jenseits der Siebzig, war sie immer noch kerngesund. Nur
die Last des Lebens hatte ihren Rücken gekrümmt, ihren Körper altern
lassen. Sie war arm und bat oft um einen Bissen Brot bei den Nachbarn.
Eines Tages begab sie sich zur Windmühle, um zu erfahren, ob man ihr
kleines Maß Weizen schon gemahlen habe. Als sie erfuhr, daß es noch
nicht so weit war, begann sie den Müller zu beschimpfen. „No Wes
Schorchen! Ihr könnt doch nix hamtrage!", versuchte er sich zu
rechtfertigen. Sie verlangte, man solle ihr einen Sack Mehl auf die
Schultern legen und sie wolle ihn nach Hause tragen. Tief Atem holend
hob sich ihre verwelkte Brust, die schlaffen Muskeln begannen sich zu
straffen. Auf den geblähten Backen verschwanden für Augenblicke die
tiefen Runzeln.
Nur so zum Spaß legte ihr der Müller einen Sack Mehl auf die
Schultern, wobei er Anstalten machte, den Sack aufzufangen, wenn dieser
die alte Frau niederdrücken würde. Einstige, schon längst schlummernde
Jugendkräfte durchströmten plötzlich den alten Körper. Mit gemessenen
Schritten und festen Tritten trug sie den schweren Sack Mehl bis vor
ihre Haustür und warf ihn ab. Ihre trüben, flackernden Augen weiteten
sich. Dann traf ihr Blick verachtungsvoll den verdatterten Müller.
Dieser starrte und glotzte fasziniert auf den Sack Mehl. Verblüfft
schüttelte er den Kopf. Innerlich von Freude und Glück erfüllt jauchzte
das Herz der Alten, was in lauten Freudenrufen zum Ausdruck kam. Sogar
die Dorfstille wachte aus ihrem Schlaf auf. Alsbald war die gute Laune
der Witwe jedoch vorbei. Nach Schweigeminuten bat sie gefaßt und
entschlossen, man solle ihr noch einen Sack Mehl schultern ...!
Der Müller, der ihr zuerst versprach, den Sack Mehl zu schenken, wenn
sie ihn nach Hause tragen würde, wollte das Mehl zurücknehmen, weil er
angeblich nur gespaßt habe. Die Angelegenheit kam zur Entscheidung vor
den Dorfvorsteher Georg Herdt. Mein Urgroßvater fällte das Urteil: „Das
Mehl, ehrlich verdient, gehört der Wes Schorch!"
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Darstellung
Die religiösen Überzeugungen der Kolonisten
Die deutschen Kolonisten hatten bei ihrer Übersiedlung nach Russland
natürlich auch ihre heimatliche Religion mitgebracht. Diese war, je nach
Herkunftsregion, vor allem evangelisch und katholisch. Damit
unterschieden sich die Kolonisten von den sie umgebenden russischen
Bauern, die fast alle der russisch-orthodoxen Kirche angehörten.
Kolonisten unterschieden sich aber auch untereinander. Zusätzlich zu
den beiden Hauptkonfessionen evangelisch-lutherisch und katholisch,
waren unter den Kolonisten auch Anhänger kleinerer evangelischer
Glaubensströmungen, etwa Mennoniten. Sie waren meistens sehr gläubig.
Oft waren sie gerade wegen ihres Glaubens nach Russland ausgewandert.
Katharina die Große hatte den Siedlern ja religiöse Freiheiten
versprochen, die sie daheim in Deutschland so nicht gehabt hatten.
Aus ihrer Religiosität leiteten viele Siedler ihre grundlegende
Haltung zum Leben ab: Ein gottgefälliges Leben sollte aus innerer
Frömmigkeit, harter Arbeit und Disziplin bestehen. Luxus, Trägheit und
Verschwendung lehnten sie ab. Mit solchen Werten lebten viele Siedler
aber nicht nur ein gottgefälliges Leben. Sie wirtschaften auch sehr
erfolgreich. Die religiösen Überzeugungen der Kolonisten waren also
einer der Gründe, warum sie in Russland wirtschaftlich oftmals
erfolgreich waren.
4 Wir arbeiten für uns!
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Das Land, das die deutschen Siedler besiedelten und bearbeiteten,
gehörte ihnen selbst – manchmal in Form persönlichen Eigentums, manchmal
als Gemeinschaftseigentum des Dorfes. Sie hatten also ein Interesse
daran, dieses Land zu verbessern. Denn gesteigerte Erträge, größere
Wohnhäuser oder eine neue Mühle würden ihnen selbst zu Gute kommen. Die deutschen Siedler waren Kleinunternehmer, ihre Dörfer waren
Genossenschaften. Sie wussten: Die harte Arbeit von heute würde ihnen
und ihren Kindern und Enkeln eine bessere Zukunft ermöglichen.
Ihre russischen und ukrainischen Nachbarn hatten diese Motivation
nicht. Ihr Land gehörte größtenteils den adeligen Großgrundbesitzern.
Oft genug waren sie dazu noch Leibeigene. Das bedeutete, sie ‚gehörten‘
ihren adeligen Landbesitzern und diese konnten sie in andere Regionen
ihrer Ländereien schicken oder sogar an andere Grundbesitzer verkaufen.
Warum sollten sie sich in dieser Situation anstrengen, um die Erträge zu
steigern oder ihre Dörfer auszubauen. Der Lohn dafür würde sowieso
den Landbesitzern und nicht ihnen zufallen.
‚Der Handel‘ – Das Gemälde von Nikolai Nevrev zeigt ein leibeigenes
russisches Mädchen, das von einem Landbesitzer an den anderen verkauft
wird.
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Darstellung
Der wirtschaftliche Erfolg russlanddeutscher Bauern im 19. Jahrhundert
Mit der Reform Zar Alexanders II. in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wurde das Land der Russlanddeutschen zu ihrem Eigentum. Das
führte zu einer größeren Motivation, Besitz zu haben und die
Landwirtschaft zu modernisieren. Viele Erfindungen und Neuerungen wurden
gemacht:
eine regelmäßige Düngung mit vorhandenem Mist aus dem Stall;
die Bewässerung im Gartenbau;
die Einführung der Kartoffel;
die Konstruktion, Einführung und Verbreitung neuer Geräte (Egge mit eisernen Zähnen)
die Zucht von Merinoschafen
die Züchtung der ‚roten deutschen Kuh‘ durch Kreuzung der friesischen Kuh mit der ukrainischen Steppenkuh.
Allein die Kolonisten an der Wolga brachten in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts bis zu 320.000 Tonnen Getreide pro Jahr auf den Markt.
Der in den Südkaukasus-Kolonien erzeugte Wein betrug vor 1914 ein
Sechstel der gesamten Weinproduktion Russlands. Und die deutschen
Handwerker in den Kolonien produzierten nicht nur für die deutschen
Kolonisten, sondern auch für die russischen Nachbarn. Im Jahr 1852
bauten die Handwerker zum Beispiel im Schwarzmeergebiet 2.634
Pferdewagen. Diese wurden nicht nur von Landwirten, sondern auch vom
russischen Militär gekauft.
5 Vom Bauern zum Industriellen
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Selbstverwaltung, großer Landbesitz, harte Arbeit und Sparsamkeit:
Diese Kombination führte bei den Russlanddeutschen schnell zu wachsendem
Wohlstand. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die meisten ihre
Schulden beim russischen Staat abbezahlt, die sie für den Umzug nach
Russland aufgenommen hatten. Nun fragten sich einige: Wohin mit dem
Geld?
Übermäßiger Konsum und Luxus passten nicht zu ihren religiösen
Überzeugungen. In den Dörfern hätte ein solches Verhalten auch niemand
geduldet. Was also mit dem Geld anstellen? Hinzu kam das Bedürfnis der
Siedler, ihre Landwirtschaft technisch zu verbessern. Geräte wie
verbesserte Pflüge, Mähmaschinen u. ä. waren in ihrer russischen Umgebung
aber nicht zu bekommen. Man musste sie also entweder teuer in
Deutschland kaufen und in die Siedlungen transportieren lassen oder man
stellte sie vor Ort selber her.
Genau dabei half das angesammelte Kapital: Viele Russlanddeutsche
gründeten Industriebetriebe, nicht nur zur Herstellung von
Landmaschinen, sondern auch zur Produktion von anderen
Gebrauchsgegenständen. Mit ihren Produkten versorgten sie nicht nur die
anderen Siedler, sondern bald auch die russische Bevölkerung. 1911 kam
beispielsweise die Hälfte der in Russland gebauten Landmaschinen aus
russlanddeutschen Betrieben.
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Galerie: russlanddeutsche Industrie
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Urheber: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
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1867 gründete der deutsche Zuckerbäcker Ferdinand Theodor Einem in Moskau die erste russische Fabrik für Schokolade und Konfekt. Seine Firma "Einem" belieferte bis 1913 den russischen Zarenhof. 1917 wurde Einem verstaatlicht und in "Krasnyj Oktjabr" umbenannt und ist unter diesem Namen bis heute in Russland bekannt. Das Bild zeigt Werbung der Firma Einem zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
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Urheber: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
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Johann Höhn gründete 1886 in Odessa (heute Ukraine) eine Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen. Er lieferte seine Pflüge nach ganz Südrussland. 1917 wurde er enteignet. Das Bild zeigt eine Werbeanzeige der Firma von 1896.
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Urheber: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
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Peter Lepp gründete 1850 in Südrussland eine Fabrik für landwirtschaftliche Geräte. Zusammen mit seinem Schwiegersohn Andreas Wallmann führte er das Unternehmen als "Handelshaus Lepp & Wallmann". Auch diese Firma wurde 1917 verstaatlicht. Noch heute werden in einer ihrer früheren Filialen in Zaporzje (Ukraine) PKWs hergestellt.
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Darstellung
Der Historiker Viktor Krieger über die wirtschaftliche Entwicklung an der Wolga
Ab den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts traten unternehmerische
Familien wie die Schmidts, Reineckes, Borells oder Seiferts hervor, die
nicht nur in ihren Heimatsiedlungen, sondern in zunehmenden Maß in den
Wolgastätten Saratow, Kamyschin, Wolsk, Balaschow, Zarizyn, Pokrowsk,
Samara u. a. Handelshäuser betrieben, zahlreiche Mühlen erwarben oder neu
bauten. Vor allem in den 1870er Jahren leiteten sie die Umstellung auf
Dampfmühlen. [...]
Den umsatzstärksten Industriebetrieb in den Wolgakolonien stellte
indes die 1880 gegründete "Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen und
Geräte des Handelshauses F. F. Schäfer mit Brüdern & Co" in
Katharinenstadt dar, die zu einem der größten Produktionsorte ihrer Art
im Südosten des Russischen Reiches gehörte. 1913/14 produzierte die
Fabrik mit ihren 300 Arbeitern 2042 Worfelmaschinen, 2080 Pflüge, 308 Wasserwagen, 290 runde Eggen und eine Vielzahl anderer Geräte sowie 40.000 Pud
Gusseisen und führte darüber hinaus umfangreiche Reparaturen durch. Ein
weitverzweigtes Netz von Vertriebskontoren in Samara, Saratow, Moskau,
Nishni Nowgorod bis nach Omsk und Taschkent sorgte für einen guten
Absatz der schäferschen Erzeugnisse.
Worfelmaschine: Eine Worfelmaschine trennt die
sprichwörtliche ‚Spreu vom Weizen‘. Nachdem Getreide vom Feld geerntet
wurde, wird es zuerst gedroschen, um die Getreidekörner aus ihren Hüllen
zu lösen. Übrig bleiben die leeren Hüllen (die Spreu) und die Körner.
Eine Worfelmaschine siebt die Spreu aus und lässt nur die Körner übrig.
Anfangs keine Steuern – dieses von Katharina gewährte Privileg führt dazu, dass die Deutschen von den Früchten ihrer Arbeit mehr behielten als ihre Nachbarn. Die Befreiung vom Militärdienst führte dazu, dass den Deutschen mehr Arbeitskraft zur Verfügung stand.
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Urheber: Image extracted from page 423 of Das Deutsche Volk in seinen Mundarten, Sitten, Gebräuchen, Festen und Trachten ... Mit 50 kolorirten Bildern, by DULLER, Eduard. Original held and digitised by the British Library.
Die Deutschen organisierten ihre Siedlungen recht streng. Der von den Siedlern eingesetzte Dorfschulze wachte nicht nur über die Einhaltung der Gesetze, sondern auch darüber, dass sich alle fleißig und sittsam verhielten. Wer durch Trunksucht, Verschwendung oder Faulheit auffiel, bekam schnell Ärger.
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Urheber: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
PDBYSA
Die Deutschen arbeiteten für sich und ihre Siedlung. Unternehmerische Erfolge waren ihre Erfolge und sie konnten davon ausgehen, dass ihre Kinder die Früchte ihrer harten Arbeit würden ernten können. Das machte die Siedler sehr engagiert, erfinderisch und unternehmerisch aktiv.